Christian Putsch

Afrika: Zaghafter Angriff des Westens auf China

Christian Putsch
Afrika: Zaghafter Angriff des Westens auf China

Sowohl die USA als auch Deutschland haben in Afrika zuletzt Chancen ausgelassen, chinesischen Einfluss zurückzudrängen. Künftig wird besonders Europa sein Engagement ausbauen müssen – auch im Interesse der eigenen Wirtschaft

In dieser Woche lassen gleich zwei Reisen westlicher Politiker nach Afrika aufhorchen. US-Präsident Joe Biden löst mit seiner Angola-Reise auf dem letzten Drücker sein Versprechen ein, den Kontinent zu besuchen. Und der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht zeitgleich bei einem deutsch-afrikanischen Wirtschaftsgipfel in der kenianischen Hauptstadt Nairobi vor.

Beide scheidenden Regierungen, sowohl die in den USA als auch in Deutschland, hatten einst einen verstärkten Afrika-Fokus angekündigt. Es galt, verlorengegangenen Boden gegenüber China aufzuholen. Die Zeit dafür stand günstig, schließlich vergibt Peking angesichts seiner schwächelnden Volkswirtschaft längst nicht mehr so großzügig Kredite auf dem Kontinent wie noch vor einem Jahrzehnt. Der Ertrag vieler Großprojekte blieb hinter den Erwartungen zurück, Verhandlungen um Restrukturierung von Schulden belasten die vielbeschworene chinesisch-afrikanische Freundschaft.

Beide Politiker haben Länder gewählt, in denen sich die Beziehungen positiv entwickelt haben. Deutsche Unternehmen zeigen verstärktes Interesse an Kenia, das – ganz im Sinne von Habeck – auch im großen Stil in erneuerbare Energien investiert hat. Zuletzt wurde auch noch ein bilaterales Migrationsabkommen unterzeichnet, das gleichermaßen die Anwerbung von Fachkräften wie die Rückführung abgelehnter Asylbewerber regelt. Es ist die diplomatische Königsdisziplin auf dem Kontinent: die meisten Länder blocken derartige Vereinbarungen mit Europa ab.

Biden wählte Angola für seinen Besuch, das sich in den letzten Jahren mehr und mehr dem Westen zuwandte. Hier haben die USA und auch die EU ihren oft unverbindlichen Worten zu Infrastrukturfinanzierung wirkliche Taten folgen lassen und den Ausbau des „Lobito-Korridors” finanziert: eine 1300 Kilometer lange Eisenbahnlinie, über die kritische Rohstoffe aus dem Kongo und Sambia zur  angolanischen Atlantikküste und von dort in Richtung USA und Europa transportiert werden sollen. Es ist die bislang glaubwürdigste Replik auf Chinas „Neue Seidenstraße”, die zu den größten Investitionsschüben in Afrikas Geschichte gehört.

Doch trotz aller freundlichen Töne in Luanda und Nairobi belegen die nackten Zahlen, dass so manche Chance vertan wurde. Afrika macht weiterhin weniger als ein Prozent des US-Handels aus. Deutschland baute zwar seinen Handel mit Nordafrika in den vergangenen Jahren aus, der mit Subsahara-Afrika stagnierte dagegen eher. In Ländern wie Kongo und Sambia befinden sich große Vorräte an Kobalt und Lithium, die für die Energiewende aber immer wichtiger werden. Und deren Abbau besonders im Kongo von China kontrolliert wird. 

Derartige Faktoren werden zu wenig beachtet. Afrika ist bei der Wahl seiner Partner pragmatisch und klebt vielerorts weniger an China als man denkt – Angola ist das beste Beispiel. Von den USA aber werden unter Donald Trump nach seiner Vereidigung am 20. Januar wenig Impulse zu erwarten sein. Er zeigte während seiner ersten Amtszeit kein Interesse am Kontinent, die bisherigen Eindrücke lassen eher darauf schließen, dass er der chinesischen Dominanz mit der Drohung von Zöllen für afrikanische Exporte in die USA reagieren wird.

Dafür ist der US-Hebel auf dem Kontinent aber nicht stark genug. Umso wichtiger wird eine entschiedene Wirtschaftspolitik der EU in Afrika. Auf dem Kontinent nehmen es die Entscheidungsträger wahr, dass man allzu oft auf Migration oder den gestiegenen Einfluss von Russland reduziert wird. So wichtig diese Probleme auch sind – man wird ihnen nur begegnen können, wenn es mehr Pragmatismus gibt. Und damit mehr Projekte wie den Lobito-Korridor in kooperativen Ländern. 

Das ist im Sinne der deutschen Wirtschaft, denn der Kontinent wird spätestens dann als Absatzmarkt attraktiver werden, wenn das afrikanische Freihandelsabkommen stärker als bislang implementiert wird. Ob bei der Positionierung europäischer Firmen in afrikanischen Märkten zusätzliche Bürokratie hilft, wie zuletzt das ausufernde EU-Lieferkettengesetz, darf derweil bezweifelt werden. 

Der „Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft” fordert einen stärkeren Fokus auf die „Zukunftsmärkte” des Kontinents. „In den vergangenen Jahren wurden dazu die staatlichen Garantie- und Finanzierungsinstrumente für deutsche Unternehmen teilweise verbessert, etwa durch reduzierte Selbstbehalte“, teilte der Außenwirtschaftsverband mit, „diese Maßnahmen reichen aber nicht aus, die Finanzierungsengpässe zu überwinden, welche viele Unternehmen bei der Diversifizierung in afrikanische Märkte beklagen.“ Sie seien auch im internationalen Vergleich zu gering.

Wie schwierig das Aufholen des chinesischen Vorsprungs ist, kann W. Gyude Moore bestens beurteilten. Zwischen den Jahren 2014 bis 2018 erlebte er als Minister für öffentliche Arbeiten in Liberia das Kräftemessen aus der ersten Reihe. Inzwischen ist Moore für die US-Denkfabrik „Center for Global Development” (CGD) tätig.

Das Problem des Westens liege in der Unmöglichkeit, in der afrikanischen Rohstoffbranche mit China zu konkurrieren, sagte Moore im Gespräch mit der „Rheinischen Post“. „Viele dieser Bergwerkfirmen sind staatlich, die chinesische Regierung kann also auch bei Verlusten bestimmte Investitionen anweisen, absorbiert sie teilweise über Infrastrukturfinanzierung, die ebenfalls über staatliche chinesische Firmen läuft“, so der Analyst. Das funktioniere bei privaten Firmen des Westens nicht.

Zudem gebe es sowohl in den USA als auch Europa strenge Gesetze gegen Korruption. Diese sei aber in der Rohstoffindustrie weit verbreitet. Chinesische Firmen seien eher bereit, dieses Spiel mitzuspielen, sagte Moore.